Ferdinand, das Glücksschwein

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Es war einmal, auf einem lauten und geschäftigen Bauernhof, ein kleines Schwein namens Ferdinand. Ferdinand war kein gewöhnliches Schwein. Während die anderen Schweine im Stall sich am liebsten den ganzen Tag im Schlamm wälzten und um die besten Essensreste stritten, hatte Ferdinand einen neugierigen Geist und ein abenteuerlustiges Herz. Er hatte die rosigste Haut, die man sich vorstellen kann, einen perfekt geringelten Schwanz und zwei blitzblanke, kluge Äuglein, mit denen er die Welt um sich herum ganz genau beobachtete.

Ferdinand liebte es, den Schwalben zuzusehen, wie sie hoch oben am Himmel tanzten, und er lauschte dem Summen der Bienen auf der nahegelegenen Kleewiese. Doch in letzter Zeit legte sich oft ein Schatten auf seine fröhliche Natur. Er hörte die älteren Tiere manchmal von einem Ort flüstern, den sie den „Metzger“ nannten. Keiner wollte genau sagen, was das für ein Ort war, aber wann immer der Name fiel, wurden alle ganz still und schauten traurig zu Boden. Ferdinand verstand nicht alles, aber er spürte eine Kälte in der Luft, die ihm gar nicht gefiel. Er wusste tief in seinem Inneren, dass der Bauernhof nicht der Ort war, an dem er für immer bleiben wollte.

An einem kühlen Herbstmorgen, als der Nebel wie eine weiche Decke über den Feldern lag, geschah etwas Unerwartetes. Der Bauer, der es an diesem Morgen sehr eilig hatte, vergaß, das Gatter zum Hof richtig zu verriegeln. Ein kleiner Spalt blieb offen – ein Spalt, gerade groß genug für ein mutiges kleines Schwein.

Ferdinands Herz begann zu pochen wie eine Trommel. Das war seine Chance! Die Angst kitzelte ihn im Bauch, aber der Gedanke an die Freiheit und die weite Welt hinter dem Zaun war stärker. Mit einem tiefen Atemzug und einem leisen „Oink“ des Abschieds an seine schlafenden Freunde, schlüpfte Ferdinand durch den Spalt und rannte los.

Er rannte, so schnell ihn seine kleinen Beine tragen konnten. Über saftige Wiesen, auf denen der Tau noch glitzerte, durch raschelnde Laubhaufen, die lustige Geräusche machten, und quer durch einen kleinen, plätschernden Bach, der seine Hufe kühlte. Er blickte nicht ein einziges Mal zurück. Die Geräusche des Bauernhofs wurden leiser und leiser, bis er nur noch das Zwitschern der Vögel und das Rauschen des Windes in den Bäumen hörte.

Nach einer langen, langen Zeit wurde Ferdinand müde. Seine Beine schmerzten und sein Magen knurrte. Er war so weit gelaufen, dass er die Felder und Wälder hinter sich gelassen hatte und nun in einer ruhigen Straße mit bunten Häusern und gepflegten Gärten angekommen war. Einer dieser Gärten sah besonders einladend aus. Das Gras war weich und grün, bunte Blumen wiegten sich im Wind und unter einem großen Apfelbaum lag ein Haufen duftendes Laub. Erschöpft und glücklich zugleich trottete Ferdinand durch das offene Gartentor, kuschelte sich in den weichen Laubhaufen und schlief sofort ein.

Er wurde von einem leisen Kichern geweckt. Als er seine Augen öffnete, blickte er direkt in zwei Paar große, staunende Kinderaugen. Vor ihm standen die Geschwister Mia und Jonas. „Ein Schwein!“, flüsterte Jonas aufgeregt. „Ein echtes, lebendiges Schwein in unserem Garten!“ Mia, die ein großes Herz für alle Tiere hatte, kniete sich langsam nieder. „Hallo, kleines Schweinchen“, sagte sie mit sanfter Stimme. „Du musst ja furchtbaren Hunger haben.“

Ferdinand war zuerst unsicher. Er kannte Menschen nur als laute Gestalten auf dem Bauernhof. Aber diese Kinder waren anders. Ihre Stimmen waren freundlich und ihre Augen strahlten Wärme aus. Mia rannte ins Haus und kam mit einer Schale Wasser und einem knackigen, roten Apfel zurück. Vorsichtig schob sie den Apfel in seine Richtung. Ferdinand schnupperte, seine Nase zuckte, und dann biss er herzhaft zu. Es war der leckerste Apfel, den er je gegessen hatte! Dankbar grunzte er leise.

Als die Eltern von Mia und Jonas nach Hause kamen, waren sie mehr als nur überrascht, ein Schwein im Garten vorzufinden. „Das geht auf keinen Fall“, sagte der Vater zuerst. „Ein Schwein gehört auf einen Bauernhof!“ Doch Mia und Jonas gaben nicht auf. Sie erzählten von dem traurigen Blick des Schweinchens, wie hungrig es gewesen war und wie sanft es den Apfel aus Mias Hand genommen hatte. Sie baten und bettelten, dass es bleiben dürfe. „Wir nennen ihn Ferdinand“, sagte Mia. „Und wir werden uns ganz toll um ihn kümmern, versprochen!“

Die Eltern sahen ihre Kinder an, dann sahen sie Ferdinand an, der zufrieden im Laub lag und leise vor sich hin grunzte. Er sah tatsächlich sehr friedlich und liebenswert aus. Nach einer langen Diskussion gaben sie schließlich nach. Ferdinand durfte bleiben.

Von diesem Tag an begann für Ferdinand das wunderbarste Leben, das sich ein Schwein nur erträumen kann. Im hinteren Teil des Gartens bauten ihm der Vater und die Kinder eine gemütliche kleine Hütte aus Holz, die sie mit weichem Stroh auslegten. Ferdinand wurde zum festen Familienmitglied. Er spielte mit Mia und Jonas Verstecken hinter den Büschen, er half (auf seine ganz eigene Weise) bei der Gartenarbeit, indem er mit seiner Nase die Erde nach leckeren Wurzeln durchwühlte, und an heißen Tagen spritzte ihn der Vater mit dem Gartenschlauch ab, was Ferdinand mit lautem Quieken vor Freude kommentierte.

Er bekam die köstlichsten Mahlzeiten aus Kartoffelschalen, Karottenstücken und saftigen Obstresten. Er wurde jeden Tag gekrault und gestreichelt und lernte sogar ein paar kleine Kunststücke. Die Nachbarskinder kamen oft zu Besuch, nur um Ferdinand zu sehen, und er genoss die Aufmerksamkeit in vollen Zügen.

Die Jahre vergingen. Aus dem kleinen Ferkel wurde ein großes, stattliches und sehr zufriedenes Schwein. Sein Fell glänzte in der Sonne und seine Augen strahlten vor Lebensfreude. Er hatte ein Zuhause gefunden, einen Ort, an dem er sicher war und geliebt wurde. Manchmal, wenn er an einem lauen Abend unter seinem Apfelbaum lag und in den Sternenhimmel blickte, dachte er an seine mutige Flucht zurück. Er war unendlich dankbar für den einen Moment, in dem er all seinen Mut zusammengenommen hatte.

Ferdinand, das Schwein, das eigentlich zum Metzger sollte, lebte ein langes, glückliches und schweine-zufriedenes Leben im Garten bei seiner Familie, bis er eines Tages alt und lebenssatt friedlich in seiner Hütte einschlief. Und jeder, der ihn gekannt hatte, war sich sicher: Ferdinand war das glücklichste Schwein auf der ganzen weiten Welt.


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