Zirkus Fantastico und das Geheimnis des lachenden Herzens

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Die kleine Stadt Sonnenstedt erwachte an diesem Morgen mit einem ganz besonderen Glanz. Nicht, weil die Sonne besonders hell schien, sondern weil in der Nacht etwas Magisches geschehen war: Der Zirkus Fantastico hatte seine Zelte aufgeschlagen! Und das war kein gewöhnlicher Zirkus. Überall in der Stadt hatte man schon Plakate gesehen, die von fliegenden Akrobaten, glitzernden Tieren und einem Clown erzählten, der so lustig war, dass er selbst Steine zum Lachen bringen konnte.

Emil, neun Jahre alt, stand mit seiner kleinen Schwester Lotte, die gerade fünf geworden war, vor dem größten Plakat, das an der Bäckerei hing. Auf dem Plakat strahlte ein Clown mit einer riesigen roten Nase und einem Hut, der schief auf seinem Kopf saß. Seine Augen zwinkerten schelmisch. Daneben schwebten Artisten in der Luft und bunte Pferde tanzten.

„Oh, Emil, guck mal!“, rief Lotte und zupfte an seinem Ärmel. „Die Pferde sind ja fast so schön wie unsere Ponys vom Bauernhof!“

„Und guck mal den Clown an, Lotte!“, sagte Emil begeistert. „Der sieht ja schon auf dem Bild so lustig aus! Ich wette, der ist noch viel lustiger als Onkel Fritz, wenn er seine Witz-Show macht.“

Am Abend war es dann soweit. Mit Mama und Papa im Schlepptau machten sich Emil und Lotte auf den Weg zum Zirkusplatz. Schon von Weitem sahen sie das riesige Zelt, das sich wie ein leuchtender, roter Pilz unter dem Abendhimmel erhob. Überall funkelten Lichterketten, der Duft von Popcorn und Zuckerwatte lag in der Luft und eine aufgeregte Menschenmenge schob sich zum Eingang.

„Das wird toll!“, rief Lotte und hüpfte vor Freude.

Als sie das Zelt betraten, stockte Emil der Atem. Das Innere war noch prächtiger, als er es sich vorgestellt hatte. Die Zirkusarena war von bunten Sitzreihen umgeben, die sich hoch bis zur Zeltkuppel zogen. An der Decke glitzerten unzählige Lichter und in der Mitte der Manege lag ein strahlend roter Teppich. Die Zeltkuppel selbst war hoch und majestätisch, mit bunten Stoffbahnen verziert, die wie Regenbogen aussahen. Schon vor der Vorstellung spielte eine fröhliche Kapelle und viele Menschen – Kinder und Erwachsene – saßen schon auf ihren Plätzen, aßen Popcorn und redeten aufgeregt.

Emil und Lotte fanden ihre Plätze ganz vorne, so dass sie alles ganz genau sehen konnten. Emil hielt einen großen Eimer Popcorn in der einen und Lotte eine riesige Zuckerwatte in der anderen Hand.

Dann erlosch das Licht. Ein Spot ging an und beleuchtete einen eleganten Zeremonienmeister mit einem glitzernden Frack, der in die Manege trat. „Sehr verehrte Damen und Herren, liebe Kinder!“, rief er mit lauter Stimme. „Willkommen im Zirkus Fantastico! Lassen Sie sich entführen in eine Welt voller Wunder, Magie und unvergesslicher Augenblicke!“

Die Musik setzte ein und die Show begann. Zuerst kamen die Artisten. Sie waren unglaublich! Eine junge Frau mit langen, roten Haaren balancierte auf einem Seil, das hoch oben unter der Zeltkuppel gespannt war. Sie tanzte und drehte sich, als wäre das Seil ein breiter Bürgersteig. Emil hielt den Atem an, als sie sich rückwärts fallen ließ und sich nur noch an ihren Füßen festhielt.

Dann kamen die Trapezkünstler. Sie schwangen sich von Schaukel zu Schaukel, flogen durch die Luft und fingen sich gegenseitig mit einer solchen Präzision, dass es aussah, als würden sie tanzen. Ihre glitzernden Kostüme funkelten bei jeder Bewegung. Die Menge jubelte bei jeder gewagten Figur.

„Oh, die sind aber mutig!“, flüsterte Lotte und ihre Augen waren riesengroß.

Es gab tanzende Pferde, deren Mähnen mit bunten Bändern geschmückt waren, und die im Kreis galoppierten, Saltos schlugen und sich verbeugten. Es gab einen Magier, der Tücher verschwinden ließ und Kaninchen aus dem Hut zauberte. Jede Nummer war fantastisch und bekam donnernden Applaus.

Aber Emil und Lotte warteten auf ihn. Sie warteten auf den Clown.

Und dann war es soweit. Nach einer atemberaubenden Nummer mit fliegenden Reifen wurde es wieder dunkel. Dann ging ein Spot an und beleuchtete einen kleinen, unscheinbaren Bereich der Manege. Dort stand er.

Clown Kugelbauch. Er hatte eine riesige, rote Nase, viel zu große Schuhe und einen Hut, der schief auf seinem Kopf saß, genau wie auf dem Plakat. Sein Gesicht war weiß geschminkt, mit roten Wangen und einem riesigen, fröhlichen Lächeln. Er trug einen Anzug, der viel zu groß war und aus hundert bunten Flicken bestand. In seiner Hand hielt er einen kleinen Eimer.

Clown Kugelbauch trat in die Manege und stolperte sofort über seine eigenen Füße. Er fiel mit einem lauten PLUMPS hin, so dass der Eimer über ihm auskippte. Doch statt Wasser fiel ein ganzer Schwall bunter Konfetti über ihn herab. Die Kinder lachten sofort los.

Er stand mühsam auf, rieb sich den Kopf und schüttelte das Konfetti aus seinen Haaren. Dann entdeckte er einen Besen, der an der Seite der Manege stand. Er schnappte sich den Besen und begann, das Konfetti zusammenzukehren. Aber er war so tollpatschig! Er verhedderte sich im Besenstil, der Besen flog ihm immer wieder aus der Hand und traf ihn auf den Kopf. Jedes Mal, wenn er den Besen aufhob, fiel er wieder hin. Die Kinder quietschten vor Vergnügen.

Dann entdeckte Clown Kugelbauch einen großen, roten Ball, der in der Mitte der Manege lag. Er wollte ihn aufheben, aber der Ball war viel zu schwer. Er schob und zerrte, aber der Ball bewegte sich keinen Millimeter. Er versuchte, ihn hochzuheben und fiel dabei immer wieder rücklings um. Jedes Mal ein lauter BUMMS und die Kinder lachten noch lauter.

Plötzlich rannte er los, nahm Anlauf und sprang auf den Ball, um ihn zu reiten. Aber der Ball kullerte einfach weg und Clown Kugelbauch landete wieder mit einem PLUMPS auf dem Boden. Er saß da, die Beine in die Luft gestreckt, seinen bunten Hut tief ins Gesicht gerutscht, und alle lachten. Erwachsene und Kinder.

Clown Kugelbauch stand wieder auf. Er sah sich um, als würde er sich fragen, warum alle lachten. Dann zuckte er mit den Schultern, zog eine winzige Blume aus seiner riesigen Tasche und steckte sie sich hinters Ohr. Dann sah er das Publikum an und machte ein ganz, ganz trauriges Gesicht. Seine Unterlippe zitterte. Er sah so unendlich traurig aus, dass Lotte fast weinen wollte.

Doch in der nächsten Sekunde zuckten seine Mundwinkel nach oben, er riss die Augen auf und machte ein so komisches, verzerrtes Grinsen, dass alle wieder in lautes Gelächter ausbrachen. Er sprang auf und begann, wild in der Manege herumzutanzen, stolperte über seine eigenen Füße, kullerte sich wie ein Ball über den Boden und stand wieder auf, als wäre nichts geschehen. Er jonglierte mit viel zu vielen Bällen, die ihm alle aus den Händen fielen und ihn am Ende unter sich begruben. Er spielte verstecken mit einem unsichtbaren Freund, der immer an der falschen Stelle auftauchte. Er versuchte, auf einem Einrad zu fahren und schaffte es nur, sich selbst darin zu verheddern.

Clown Kugelbauch war nicht einfach nur lustig. Er war herrlich tollpatschig, überraschend und hatte eine unglaubliche Energie. Er interagierte mit dem Publikum. Er winkte einem kleinen Mädchen zu und warf ihr ein Bonbon zu, das in seiner Hand plötzlich auftauchte. Er neckte einen Papa in der ersten Reihe, indem er ihm seinen Hut vom Kopf zog und ihn sich selbst aufsetzte, nur um ihn dann mit einem magischen Schnipsen wieder zurückzuzaubern.

Emil und Lotte hielten sich die Bäuche vor Lachen. Tränen liefen ihnen über die Wangen. Sie konnten kaum noch atmen. Der ganze Zirkus lachte. Ein riesiges, kollektives Lachen, das die Zeltkuppel erzittern ließ. Clown Kugelbauch schaffte es, alle Sorgen für diesen Moment vergessen zu lassen. Er war nicht nur lustig, er war eine Quelle reiner Freude.

Als seine Nummer zu Ende war, verbeugte sich Clown Kugelbauch tief. Er zog noch eine riesige, bunte Blume aus seinem Ärmel, verneigte sich noch einmal und verschwand mit einem letzten Zwinkern hinter dem Vorhang. Der Applaus war ohrenbetäubend. Die Leute klatschten und trampelten mit den Füßen, riefen „Zugabe! Zugabe!“

Die restliche Vorstellung war auch wunderbar, aber für Emil und Lotte war es klar: Clown Kugelbauch war das absolute Highlight gewesen. Seine Nummer hatte nicht nur Spaß gemacht, sie hatte ihr Herz mit einer unglaublichen Leichtigkeit und Freude erfüllt.

Am Ende der Vorstellung versammelten sich alle Artisten und der Zeremonienmeister in der Manege und verbeugten sich. Und da war er wieder: Clown Kugelbauch, mit seinem bunten Anzug und seinem schelmischen Grinsen. Er winkte dem Publikum zu, warf eine letzte Handvoll Konfetti in die Luft und verschwand dann endgültig.

Als sie das Zirkuszelt verließen, waren Emil und Lotte noch ganz berauscht von der Vorstellung. Die kühle Abendluft war eine willkommene Abwechslung nach der Wärme des Zeltes.

„Das war… das war das Beste, was ich je gesehen habe!“, rief Lotte. „Ich möchte nochmal! Und nochmal! Und nochmal!“

Emil nickte energisch. „Ich auch! Der Clown war der Hammer! Ich glaube, ich habe noch nie so viel gelacht. Meine Bauchmuskeln tun weh vom Lachen.“

Mama und Papa lächelten. „Es war wirklich toll“, sagte Papa. „Vor allem Clown Kugelbauch. Er hat eine Gabe.“

Emil dachte an Clown Kugelbauch, an seine tollpatschigen Bewegungen, sein überraschendes Grinsen und sein Talent, alle zum Lachen zu bringen. Er hatte nicht nur Witze erzählt oder Tricks gemacht. Er hatte die Herzen der Menschen berührt.

Auf dem Heimweg, unter dem klaren Sternenhimmel, war Emil sich sicher: Der Zirkus Fantastico und vor allem Clown Kugelbauch hatten etwas Besonderes. Es war nicht nur eine Show. Es war ein Gefühl. Ein Gefühl von purer Freude und Leichtigkeit. Und er wusste, dass er diesen Zirkus immer wieder sehen wollte. Immer, wenn er in der Stadt war. Denn Clown Kugelbauch hatte bewiesen, dass Lachen die beste Medizin ist und dass ein fröhliches Herz die schönste Attraktion der Welt ist. Und genau das war das Geheimnis des Zirkus Fantastico: Er ließ die Menschen mit einem lachenden Herzen nach Hause gehen.


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