Lilia und der glitzernde Wasserfall

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In einem kleinen, bunten Haus am Rande eines riesigen, sonnendurchfluteten Waldes lebte ein kleines Mädchen namens Lilia. Lilia hatte Haare so rot wie Mohnblumen im Sommer und Augen so grün wie das frischeste Moos. Aber das Allerbeste an Lilia war ihr Lachen, das klang wie viele kleine Glöckchen, die im Wind spielten.

Lilia teilte ihr Zuhause mit einer Schar außergewöhnlicher Freunde. Da war Barnaby, ein weiser, alter Dachs, der eine runde Brille auf der Nase trug und für sein Leben gern komplizierte Bücher las. Dann gab es Pip, ein flinkes Eichhörnchen mit einem buschigen Schwanz, das schneller Nüsse knacken konnte, als man „Nussknacker“ sagen konnte. Und schließlich war da noch Frieda, eine kleine, pummelige Feldmaus, die die köstlichsten Kuchen aus winzigen Beeren und Nüssen backen konnte.

An einem besonders sonnigen Morgen, als die Vögel ein fröhliches Konzert gaben und die Blumen im Garten um die Wette dufteten, saßen die vier Freunde beim Frühstück. Frieda hatte winzige Pfannkuchen mit Honig und Blütenstaub gemacht.

„Wisst ihr“, sagte Lilia und tupfte sich einen Honigfleck vom Mund, „ich habe geträumt, wir hätten ein Abenteuer erlebt.“

Barnaby schob seine Brille zurecht. „Abenteuer, sagst du? Abenteuer können manchmal recht unordentlich sein und meine Bücher durcheinanderbringen.“

Pip hingegen sprang aufgeregt auf seinem Stuhl auf und ab, sodass die Milch in seiner Tasse schwappte. „Ein Abenteuer! Oh, das klingt wunderbar! Vielleicht finden wir den legendären Glitzernden Wasserfall, von dem die alten Bäume flüstern?“

Frieda zitterte ein wenig mit ihren Schnurrhaaren. „Ein Abenteuer? Ist das nicht gefährlich? Ich habe gerade erst den Vorratsschrank aufgefüllt.“

Lilia lachte ihr Glöckchenlachen. „Keine Sorge, Frieda. Wir passen gut aufeinander auf! Und stellt euch nur vor, wie das Wasser des Glitzernden Wasserfalls in allen Farben des Regenbogens funkelt! Der Legende nach soll sein Wasser die schönsten Blumen wachsen lassen, die man je gesehen hat.“

Die Vorstellung von neuen, wunderschönen Blumen für ihre Kuchen überzeugte Frieda schließlich. Und so beschlossen die vier Freunde, sich auf die Suche nach dem geheimnisvollen Wasserfall zu machen.

Sie packten einen Korb mit Friedas leckeren Nuss-Muffins, einer Karte, die Barnaby aus einem seiner alten Bücher kopiert hatte, und Pips unerschütterlichem Optimismus. Lilia setzte ihren Strohhut auf, und das Abenteuer begann.

Der Weg führte sie tiefer in den Wald, als sie je zuvor gewesen waren. Das Sonnenlicht tanzte auf den Blättern und malte lustige Muster auf den Waldboden. Sie überquerten einen murmelnden Bach, indem sie über glatte, moosbewachsene Steine hüpften, und lauschten dem Gesang unbekannter Vögel.

Nach einer Weile wurde der Pfad undeutlicher. Die Bäume standen dichter und ihre Äste schienen sich wie grüne Arme über ihnen zu verschränken. Barnaby blickte immer wieder auf seine Karte. „Hmm, laut dieser alten Schriftrolle müssten wir jetzt an einer Weggabelung sein, die von einem singenden Stein bewacht wird.“

Sie sahen sich um, aber da war kein singender Stein, nur ein großer, grauer Felsen, der aussah, als würde er ein Nickerchen machen. Pip kletterte neugierig auf den Felsen und klopfte mit einer Nuss darauf. Nichts geschah.

Lilia trat näher. Sie bemerkte feine Rillen im Stein, die fast wie Noten aussahen. „Vielleicht müssen wir ihm etwas vorsingen?“, überlegte sie. Und so fing sie an, ihr Lieblingslied zu summen, eine fröhliche Melodie, die sie immer beim Gänseblümchenpflücken sang.

Kaum hatte sie die ersten Töne gesummen, begann der Stein leise zu vibrieren. Ein tiefes, freundliches Brummen ertönte, und der Felsen verschob sich langsam zur Seite und gab einen neuen, verborgenen Weg frei.

„Faszinierend!“, rief Barnaby und machte sich eifrig eine Notiz in sein kleines Notizbuch. „Musik als Schlüssel. Sehr logisch.“

Der neue Weg war schmal und gewunden, und bald standen sie vor ihrer nächsten Herausforderung: einer tiefen Schlucht. Von einer Seite zur anderen spannte sich eine alte, wackelige Hängebrücke aus Seilen und Holzbrettern.

Frieda quiekte leise. „Da… da gehe ich nicht rüber. Das sieht aus, als würde es jeden Moment einstürzen!“

Pip, der Mutigste von allen, huschte schon ein Stück auf die Brücke hinaus. „Gar nicht so schlimm! Man muss nur schnell sein!“ Er hüpfte von einem Brett zum nächsten.

Aber Lilia sah, dass Frieda vor Angst zitterte. Sie nahm die kleine Maus sanft in die Hand. „Keine Sorge, Frieda. Wir schaffen das zusammen. Ich halte dich ganz fest.“

Lilia trat vorsichtig auf die erste Planke. Die Brücke schwankte. Barnaby folgte ihr langsam und bedächtig. „Immer einen Fuß vor den anderen setzen. Das Prinzip der Fortbewegung ist eigentlich ganz einfach“, murmelte er mehr zu sich selbst, um sich zu beruhigen.

Gemeinsam, Schritt für Schritt, überquerten sie die Schlucht. Als sie sicher auf der anderen Seite ankamen, atmeten sie erleichtert auf. Frieda kletterte aus Lilias Hand und gab ihr einen winzigen Kuss auf den Finger. „Danke, Lilia.“

Sie waren nun schon lange unterwegs, und die Sonne stand schon tief am Himmel. Plötzlich hörten sie es. Ein leises, melodisches Plätschern, das immer lauter wurde, je weiter sie gingen. Und dann sahen sie es.

Zwischen zwei moosbewachsenen Felsen stürzte ein Wasserfall in ein klares Becken. Aber es war kein gewöhnliches Wasser. Jeder einzelne Tropfen schien das Licht der untergehenden Sonne einzufangen und in allen Farben des Regenbogens zu funkeln. Es glitzerte und schimmerte, als ob flüssige Sterne vom Himmel fielen. Am Ufer des Beckens wuchsen Blumen, wie sie sie noch nie gesehen hatten – Blüten, die sanft in Blau-, Rosa- und Goldtönen leuchteten.

„Der Glitzernde Wasserfall“, flüsterte Lilia ehrfürchtig.

Sie füllten ihre Wasserflaschen mit dem funkelnden Wasser und pflückten vorsichtig ein paar der leuchtenden Blumen. Der Anblick war so zauberhaft, dass sie eine ganze Weile einfach nur dasaßen und staunten.

Der Rückweg kam ihnen viel kürzer und einfacher vor. Sie wussten nun, wie man den singenden Stein weckt und dass man eine wackelige Brücke überqueren kann, wenn man zusammenhält.

Als sie müde, aber glücklich wieder in ihrem kleinen, bunten Haus ankamen, war es bereits dunkel und die Sterne funkelten am Himmel.

In den nächsten Tagen pflanzte Lilia die leuchtenden Blumen in ihrem Garten. Sie wuchsen und gediehen prächtig und tauchten den Garten nachts in ein sanftes, magisches Licht. Frieda backte einen Kuchen mit dem glitzernden Wasser, und jeder Bissen schmeckte nach Abenteuer und Freundschaft. Barnaby schrieb die ganze Geschichte in ein neues Buch mit dem Titel „Die Expedition zum Glitzernden Wasserfall“, und Pip erzählte jedem Vogel und jedem Käfer, den er traf, von ihren Heldentaten.

Lilia saß auf der Veranda, blickte auf ihren leuchtenden Garten und lächelte. Das Abenteuer war wunderbar gewesen. Aber das Allerbeste daran war, es mit ihren Freunden geteilt zu haben. Und sie wusste, dass dies nur das erste von vielen, vielen weiteren Abenteuern war, die noch auf sie warteten.


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