Sumsi, die Biene und die schönste Blume

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Im Herzen eines weitläufigen, sonnenverwöhnten Tals, wo die Wiesen in allen Farben des Regenbogens leuchteten und die Luft stets süß nach Nektar duftete, lebte ein fleißiges Bienenvolk. Hoch oben in einem riesigen, uralten Eichenbaum hatten sie ihr Zuhause, einen geschäftigen Bienenstock, in dem unermüdlich Honig gesammelt, Waben gebaut und kleine Larven liebevoll umsorgt wurden.

Unter all diesen emsigen Bienen gab es eine besonders kleine, aber unglaublich neugierige Biene namens Sumsi. Sumsi war noch jung, ihre Flügel waren neu und glänzten im Sonnenlicht wie winzige Seidentücher, und ihre Streifen waren noch leuchtender als die ihrer älteren Schwestern. Doch schon jetzt hatte sie einen Traum, der so groß war wie das ganze Tal: Sie wollte den köstlichsten Honig machen, den es je gab! Und dafür, das wusste Sumsi genau, brauchte sie die allerschönste Blume mit dem allertollsten Pollen.

Die erfahrenen Sammlerinnen, alte, weise Bienen mit vielen Flugstunden auf dem Buckel, lachten nur müde, wenn Sumsi von ihrem Traum erzählte. „Ach, Sumsi“, brummte eine besonders alte Biene namens Brumhilde, die schon Tausende von Sonnenaufgängen gesehen hatte. „Pollen ist Pollen. Wir sammeln, was wir finden, und unsere Königin ist zufrieden. Mach einfach deine Arbeit und hör auf zu träumen.“

Aber Sumsi war nicht so einfach abzuschütteln. Sie war eine Träumerin und eine Abenteurerin. Während ihre Schwestern die nächstgelegenen Blumenfelder anflogen und routiniert Pollen und Nektar sammelten, schwebte Sumsi oft ein wenig höher, ein wenig weiter, ihre kleinen Fühler zitterten vor Aufregung, während sie den Horizont absuchte.

Eines Morgens, die Sonne schickte gerade ihre ersten goldenen Strahlen über die Hügel, beschloss Sumsi, dass heute der Tag war. Heute würde sie sich auf die Suche begeben. Sie verabschiedete sich nicht, denn sie wusste, dass Brumhilde und die anderen sie nur wieder zum Vernünftigsein ermahnen würden. Stattdessen summte sie leise ein kleines Lied des Mutes und flog los, schnurgeradeaus, über die vertrauten Blumenfelder hinaus.

Ihr erster Halt war ein Feld voller leuchtend roter Mohnblumen. „Oh, wie prächtig!“, dachte Sumsi und landete sanft auf einem der samtigen Blütenblätter. Der Pollen war reichlich und leuchtete in einem satten Orange. Sumsi sammelte fleißig, doch irgendetwas fehlte. Er schmeckte gut, ja, aber nicht… einzigartig. Nicht so, wie sie es sich vorstellte für den allerbesten Honig.

Sie flog weiter, tiefer in das Tal hinein. Bald entdeckte sie einen Teich, umgeben von eleganten lila Iris. Deren Pollen war zart und duftend, doch auch hier spürte Sumsi nicht die Magie, die sie suchte. Der Honig würde vielleicht elegant werden, aber nicht der leckerste.

Sumsi flog unermüdlich weiter. Sie sah Felder voller gelber Butterblumen, deren Pollen glitzerte wie Goldstaub, und Büsche voller süß duftender Heckenrosen, die einen lieblichen, doch etwas zu einfachen Pollen boten. Sie besuchte blaue Glockenblumen, die einen feinen, fast unsichtbaren Pollen hatten, und weiße Gänseblümchen, die zwar zahlreich waren, aber deren Pollen irgendwie… gewöhnlich schmeckte.

Die Sonne wanderte langsam höher am Himmel, und Sumsis kleine Flügel begannen müde zu werden. Sie war schon viel weiter geflogen, als jede andere junge Biene jemals gewagt hätte. Sie sah Dinge, die ihre Schwestern nur von Erzählungen kannten: einen plätschernden Bach, dessen Wasser so klar war, dass sie die bunten Kieselsteine auf dem Grund sehen konnte; einen Wald, dessen Bäume so hoch waren, dass ihre Wipfel den Himmel zu berühren schienen; und einen Berg, dessen Spitze wie eine weiße Zuckerspitze in der Ferne glänzte.

Plötzlich sah Sumsi etwas, das ihr Herz höherschlagen ließ. Am Fuße des Berges, dort, wo der Wald endete, leuchtete ein Fleck in einem so brillanten, intensiven Pink, dass es ihr fast die Augen blendete. Es sah aus wie ein einziges, riesiges Blütenmeer.

„Das muss sie sein!“, dachte Sumsi aufgeregt und vergaß all ihre Müdigkeit. Mit letzter Kraft flog sie auf das Pink zu.

Als sie näherkam, sah sie, dass es keine einzelne Blume war, sondern Tausende von kleinen, zarten Blüten, die alle zusammen ein unglaubliches Farbenmeer bildeten. Es waren Alpenrosen, und sie blühten hier in einer solchen Pracht, wie Sumsi sie noch nie gesehen hatte.

Sie landete inmitten des Blütenmeeres. Der Duft, der ihr entgegenströmte, war berauschend – eine Mischung aus süßer Wildnis, klarem Bergwind und einem Hauch von etwas, das sie noch nie zuvor gerochen hatte. Und der Pollen! Er war nicht nur reichlich, sondern auch von einer so leuchtenden, tiefrosa Farbe, dass er wie kleine, funkelnde Edelsteine aussah.

Sumsi probierte ein Körnchen. Und dann noch eins. Und noch eins. Ihr Mund breitete sich zu einem glückseligen Lächeln aus, oder dem, was einem Bienenlächeln am nächsten kam. Dieser Pollen war es! Er schmeckte gleichzeitig süß und herb, frisch und erdig, mit einem Hauch von etwas Geheimnisvollem. Er schmeckte nach Abenteuer und nach der reinen, unberührten Natur des Berges. Er schmeckte nach dem allerbesten Honig, den sie sich nur vorstellen konnte.

Aufgeregt begann Sumsi zu sammeln. Sie füllte ihre Pollenkörbchen, bis sie fast überquollen, und tanzte dabei einen kleinen Freudentanz. Als ihre Körbchen voll waren, spürte sie eine unglaubliche Energie in sich. Die Müdigkeit war wie weggeblasen. Sie musste diesen Schatz nach Hause bringen!

Der Rückweg war lang und beschwerlich. Die Sonne begann bereits, sich langsam wieder zum Horizont zu neigen und den Himmel in Orange und Violett zu tauchen. Sumsi flog, ihre Pollenbeutel waren schwer, aber ihr Herz war leicht. Sie war so stolz auf ihren Fund.

Endlich, als die ersten Sterne am Himmel zu funkeln begannen, sah Sumsi in der Ferne den vertrauten, dunklen Umriss der großen Eiche. Sie hatte es geschafft!

Sie flog direkt in den Bienenstock, wo ihre Schwestern bereits ihre Arbeit für den Tag beendet hatten und sich für die Nachtruhe versammelten. Als Sumsi mit ihren übervollen, leuchtend rosa Pollenbeuteln hereinschwebte, verstummte das geschäftige Summen.

Alle Blicke richteten sich auf die kleine Sumsi. Brumhilde, die alte, weise Biene, kam näher und schnüffelte vorsichtig am rosa Pollen. Ihre Fühler zuckten. Ihre Augen weiteten sich.

„Was ist das für ein Pollen?“, brummte sie ungläubig. „So etwas habe ich in all meinen Jahren noch nie gesehen!“

Sumsi, die noch ganz außer Atem war, erzählte von ihrer weiten Reise, von den Mohnblumen und Iris, von den Butterblumen und Rosen, und schließlich von dem magischen Blütenmeer der Alpenrosen am Fuße des Berges.

Die anderen Bienen waren fasziniert. Die jungen Bienen lauschten mit weit aufgerissenen Augen, und selbst die alten Sammlerinnen nickten anerkennend.

Gemeinsam verarbeiteten die Bienen Sumsis besonderen Pollen. Tagelang rührten sie, lagerten ihn in den saubersten Waben und pflegten ihn mit der größten Sorgfalt. Der ganze Stock duftete auf einmal ganz anders, geheimnisvoller und vielversprechender.

Als der Honig fertig war, war er eine Sensation. Er hatte eine wunderschöne, leicht rosa schimmernde Farbe und duftete so verlockend, dass selbst die Königin neugierig wurde.

Der Moment der Verkostung kam. Die Königin, eine majestätische Biene mit einem besonders langen Körper und glänzenden Flügeln, probierte vorsichtig einen kleinen Tropfen. Sie schloss die Augen. Ein Lächeln breitete sich auf ihrem Gesicht aus. Es war kein gewöhnliches Bienenlächeln, sondern ein Lächeln der tiefsten Zufriedenheit.

„Dieser Honig…“, murmelte die Königin. „Er ist… außergewöhnlich. Er schmeckt nach den frischesten Berglüften, nach dem süßesten Sonnenschein und nach dem Abenteuer des Unbekannten. Es ist der köstlichste Honig, den wir je hatten!“

Ein lautes Summen der Freude erfüllte den Bienenstock. Alle Bienen waren begeistert. Brumhilde kam zu Sumsi und legte ihr liebevoll einen Fühler auf den Kopf. „Du hattest Recht, kleine Sumsi. Pollen ist nicht einfach nur Pollen. Manchmal muss man ein bisschen weiter fliegen, um das Besondere zu finden.“

Von diesem Tag an war Sumsi nicht mehr nur eine kleine, gewöhnliche Biene. Sie war Sumsi, die Entdeckerin, die den köstlichsten Honig aller Zeiten gemacht hatte. Sie wurde zur Vorarbeiterin der „Expeditionsbienen“, einer neuen Gruppe von jungen, abenteuerlustigen Bienen, die sich von Sumsis Mut inspirieren ließen. Gemeinsam flogen sie in die Ferne, um neue Blumen und neue Pollensorten zu entdecken, und brachten so immer wieder neue, aufregende Geschmacksrichtungen in den Bienenstock.

Und Sumsi selbst? Sie flog immer noch am liebsten zu ihren geliebten Alpenrosen. Der Honig, den sie daraus machte, blieb ihr Meisterwerk. Doch sie wusste nun, dass das wahre Geheimnis des köstlichsten Honigs nicht nur in der schönsten Blume lag. Es lag auch im Mut, den eigenen Träumen zu folgen, im Glauben an das Besondere und in der Freude am Entdecken. Und das war eine Lektion, die sie gerne mit jeder einzelnen Biene in ihrem Volk teilte. Jedes Mal, wenn sie in den Bienenstock zurückkehrte und den strahlenden Gesichtern ihrer Schwestern begegnete, die ihren Honig genossen, wusste Sumsi, dass sie genau das gefunden hatte, wonach sie gesucht hatte: das Glück, ihren eigenen, einzigartigen Beitrag zur Welt geleistet zu haben. Und so summte sie ein kleines Lied des Glücks, während sie den nächsten Flug plante, immer auf der Suche nach neuen Wundern, die das Tal bereithielt.


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